Nr. 02 / 19. Januar 2023
Nr. 02 / 19. Januar 2023

Rundschreiben des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg

Klarstellung zu Hausarztvermittlungsfall und TSS-Fällen

Uns erreichen derzeit zahlreiche Zuschriften von KV-Mitgliedern, in denen es um die Frage geht, welche Varianten der Terminvermittlung der Gesetzgeber überhaupt noch vorsieht, wie sie anzuwenden sind und wo ihre spezifischen Unterschiede liegen. Die hier auflaufenden Fragen und Beschwerden zeigen auch an, dass die Vorgaben zum Hausarztvermittlungsfall von Facharztpraxen zum Teil falsch ausgelegt werden. Daher haben wir die wichtigsten dringenden Terminvermittlungsfälle, deren zwingende Voraussetzungen und korrekte Umsetzung hier für Sie zusammengestellt.

Der Hausarztvermittlungsfall

Der Hausarztvermittlungsfall wird vom Haus- bzw. Kinderarzt ausgelöst.
- Es obliegt den Haus- und Kinderärzten, aus eigener medizinischer Verantwortung den Hausarztvermittlungsfall auszulösen. Hierfür gibt es entweder eine medizinische Angemessenheit oder es besteht eine Unzumutbarkeit mit Blick auf den Patienten.
- Die Voraussetzung für die Abrechnung eines Hausarztvermittlungsfalls ist, dass eine Haus- oder Kinderarztpraxis direkt einen Termin bei einem Facharzt vereinbart, der grundsätzlich innerhalb der nächsten vier Tage liegt. Die Nutzung des eTerminservice (eTS) ist hierbei nicht zwingend erforderlich. Die Terminab-
sprache kann auch auf klassischem Wege (z. B. telefonisch) erfolgen.
Ein Hausarztvermittlungsfall liegt nicht vor
- bei Anforderung durch den Facharzt
- auf Wunsch des Patienten
- wenn keine medizinische Notwendigkeit vorliegt
- wenn eine eigenständige Terminvereinbarung durch den Patienten zumutbar ist (z. B. herkömmliche Überweisung)

Es ist nicht zulässig, dass Patienten vonseiten einer Facharztpraxis zum Hausarzt zurückgeschickt werden, um sich eine Überweisung im Rahmen des Hausarzt-Vermittlungsfalls oder eines TSS-Terminfalls ausstellen zu lassen. Ebenfalls ist es nicht zulässig, eine eigene Terminvergabe abseits medizinischer Gründe zu verweigern und einen Hinweis auf einen vermeintlichen Überweisungszwang auszusprechen. Bitte stimmen Sie sich interkollegial ab, wie Sie als zuweisende und annehmende Praxis im Sinne Ihrer Patientinnen und Patienten die bestehenden Möglichkeiten bestmöglich umsetzen können. Darauf müssen Hausärzte und Fachärzte insbesondere achten:

Hausarzt

- Die Feststellung einer Behandlungsnotwendigkeit und einer Terminvermittlung liegt in der Verantwortung und Zuständigkeit des Haus- bzw. Kinderarztes. Weder der Wunsch eines Facharztes noch eines Patienten, sondern allein die medizinische Notwendigkeit bestimmt, ob der Hausarzt eine Vermittlung selbst oder über sein Team vornimmt oder nicht.
- Falls der Haus- bzw. Kinderarzt eine eigenständige Vermittlung für erforderlich hält, organisiert er einen konkreten Termin beim Facharzt und teilt dem Patienten das Datum, die Uhrzeit und die behandelnde Facharztpraxis bzw. die kinderärztliche Schwerpunktpraxis mit.
- Die Absprache des verbindlichen Termins hat nicht zwingend telefonisch zu erfolgen. Andere Medien wie z. B. Portallösungen (z. B. eTerminservice) oder individuelle Vereinbarungen sind zulässig, ebenso verbindliche organisatorische Absprachen, die einen konkreten Termin garantieren.
- Eine Terminvermittlung zwischen dem 24. und 35. Tag ist gesondert zu begründen (Feldkennung 5009).
- Die Abrechnung der Vermittlung durch den Hausarzt erfolgt mit der GOP 03008/04008 unter Angabe der BSNR der Facharztpraxis. Die Vergütung wurde von 10 auf 15 Euro (extrabudgetär) angehoben. Bitte beachten Sie die Plausibilitätsgrenze von 15 % (s. a. Telegramm Nr. 1 vom 12.01.2023)
- Die Dokumentation der Terminvermittlung erfolgt in der hausärztlichen Patientenakte.
- Eine Übermittlung von einem Hausarzt zu einem Hausarzt ist nicht zulässig.

Facharzt

- Der vom Haus- bzw. Kinderarzt vermittelte konkrete Termin ist grundsätzlich verbindlich. Sofern es durch eine Absprache zwischen Facharztpraxis und dem Patienten nachfolgend zu einem früheren Termin kommt, ist dies zulässig.
- Sollte ein Haus- bzw. Kinderarzt einen Patienten im Rahmen eines Hausarztvermittlungsfalls an einen Facharzt überweisen, so hat der Facharzt den Fall als Hausarztvermittlungsfall zu kennzeichnen. Außerdem werden die gleichen Zuschlagsziffern inkl. Buchstabensuffix in Ansatz gebracht, die auch in einem TSS-Terminfall abgerechnet werden können.
- Die Höhe des abrechenbaren Zuschlags ist abhängig von der Anzahl der Kalendertage nach der Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit durch den Haus- bzw. Kinderarzt bis zum Tag der Behandlung. Es ist unzulässig, Patienten mit herkömmlicher Überweisung oder ohne Überweisung zurück zum Haus- oder Kinderarzt zu schicken, um einen Hausarztvermittlungsfall anzufordern.
- Eine Weiterleitung des Patienten an eine andere Facharztpraxis stellt keine Ausweitung des Hausarztvermittlungsfalls dar.
- Im Rahmen der offenen Sprechstunde, welche 2019 gesetzlich für die Augenärzte, Chirurgen, Gynäkologen, Hautärzte, HNO-Ärzte, Psychiater,Neurologen, Nervenärzte, Orthopäden und Urologen mit einer Mindeststundenzahl von 5 Stunden (bei vollem Versorgungsauftrag) in der Woche eingeführt wurde, ist es grundsätzlich ausgeschlossen, eine Behandlung zwingend an einen Überweisungsschein zu knüpfen.

TSS-Vermittlungsfälle

Der dringende TSS-Fall

- Es obliegt dem überweisenden Arzt, in dringenden Fällen einen TSS-Fall auszulösen. Voraussetzung ist die ärztliche Entscheidung, ob eine Terminvermittlung innerhalb von 35 Tagen (normale Dringlichkeit) erforderlich ist oder nicht. Hierfür stellt der Arzt seinem Patienten einen Überweisungsschein mit einem Dringlichkeitscode aus. Dieser wendet sich damit an die TSS über Tel. 116117 oder online über 116117.de.
- Um einen TSS-Fall handelt es sich, wenn ein Termin, der in das eTS eingestellt wurde, gebucht wird. Hierbei spielt es keine Rolle, ob der Termin von der Terminservicestelle oder dem Patienten über die Onlinebuchung selbst gebucht wird.
- Es ist nicht zulässig, dass ein Arzt einen Patienten zu einem anderen Arzt zurückschickt, damit dieser einen TSS-Fall auslöst.
- Es ist nicht zulässig, den TSS-Zuschlag abzurechnen, wenn keine Buchung über das eTS vorgenommen wurde. Das alleinige Vorhandensein eines Überweisungsscheins mit einem Vermittlungscode reicht nicht aus.
- Wenn ein TSS-Termin mit 5 bis 35 Tagen (Zuschlag „C“ bzw. „D“) Vorlauf gebucht wurde, ist es ebenfalls nicht zulässig, diesen mit der Begründung abzusagen, dass nicht der TSS-Zuschlag „B“ abgerechnet werden kann.
- Eine automatische Plausibilitätsprüfung bei Erreichen einer Grenze von 15 % ist speziell bei dringenden TSS-Terminen vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Was bedeutet der minimale Buchungsabstand?

- Mit dem minimalen Buchungsabstand können Sie beeinflussen, wie kurzfristig ein TSS-Termin buchbar sein soll. Voreingestellt sind aktuell immer sieben Tage. Beispiel: Sie stellen einen TSS-Termin im eTS für den 01.02.2023 mit einem Buchungsabstand von sieben Tagen ein. In diesem Fall ist dieser Termin bis zum 25.01.2023 buchbar. Verkürzen Sie den Buchungsabstand auf zwei Tage, dann ist derselbe Termin bis zum 30.01.2023 buchbar.
- Wenn Sie ausschließlich Termine mit einem Buchungsabstand von sieben Tagen einstellen, werden Sie niemals von dem TSS-Zuschlag „B“ (100 %) profitieren können, da dieser nur bei einer Buchung innerhalb von vier Tagen abgerechnet werden kann. Es empfiehlt sich also, sofern gewünscht und organisatorisch möglich, den Buchungsabstand zu verkürzen. Bitte beachten Sie jedoch, dass auch Termine mit einem geringen Buchungsabstand innerhalb eines Zeitfensters von maximal 35 Tagen (dringender Termin) buchbar sind.
- Die Voreinstellung von sieben Tagen soll demnächst systemseitig auf zwei Tage reduziert werden. Dies wird dann aber nicht für bereits eingestellte Termine gelten. Wann es zu einer Umsetzung kommt, können wir aktuell noch nicht sagen.

Der TSS-Akutfall

- Für die Buchung eines TSS-Akutfalls ist es notwendig, dass vorab das sog. strukturierte medizinische Ersteinschätzungsverfahren (SmED) durchgeführt wird. Dieses Ersteinschätzungsverfahren wird ausschließlich von dem Personal des Arztrufs Hamburg über die 116117 durchgeführt. Nur wenn diese Prüfung ergibt, dass eine medizinische vertragsärztliche Versorgung innerhalb von 24 Stunden stattfinden muss, kann ein Akuttermin vermittelt werden. Sie können somit die Buchung von Akutterminen und die damit einhergehende Abrechnung des 200%igen Zuschlags „A“ nicht beeinflussen.
- Ein TSS-Akutfall (innerhalb von 24 Stunden) und ein dringender TSS-Termin, der kurzfristig gebucht wird, sind nicht dasselbe. Entscheidend ist, mit welcher Dringlichkeitsstufe der Termin im eTS versehen wurde. Wir empfehlen, bei der Eingabe immer beide Dringlichkeiten (Akut und Dringend) auszuwählen. So können Sie im Zweifel von allen Buchungsmöglichkeiten profitieren.

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